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Allgemeinverfügung der Senatorin für Wissenschaft und Häfen – Luftfahrtbehörde Bremen zur Regelung von Starts und Landungen von Luftfahrzeugen am Flughafen Bremen aufgrund der NATO-Übung Air Defender 2023 innerhalb der Flugbeschränkungszeiten sowie außerh

Verkündungsdatum: 01.06.2023

Weser-Kurier und Nordsee-Zeitung vom 1. Juni 2023

Allgemeinverfügung der Senatorin für Wissenschaft und Häfen – Luftfahrtbehörde Bremen zur Regelung von Starts und Landungen von Luftfahrzeugen am Flughafen Bremen aufgrund der NATO-Übung Air Defender 2023 innerhalb der Flugbeschränkungszeiten sowie außerhalb der Betriebsstunden des Flughafens

I. Allgemeinverfügung

  1. Im Zeitraum vom 12. Juni bis einschließlich 24. Juni 2023 dürfen Starts und Landungen von Luftfahrzeugen, die Verspätungen aufgrund der NATO-Übung Air Defender 2023 aufweisen und mindestens ICAO-Anhang 16 Kapitel 4 erfüllen, auch außerhalb der Betriebsstunden des Flugplatzes sowie innerhalb von Betriebsbeschränkungszeiten bis 24:00 Uhr Ortszeit erfolgen.

  2. Die sofortige Vollziehung ordne ich an.

II. Nebenbestimmungen

Starts und Landungen nach Ziffer I.1. dürfen nur erfolgen, wenn

  1. Bremen Turm mit Personal der Deutschen Flugsicherung GmbH besetzt ist,

  2. Bodenverkehrsdienste durch die Flughafen Bremen GmbH oder beauftragte Gesellschaften bereitgestellt werden,

  3. die Luftaufsichtsstelle am Flughafen Bremen durch eine Beauftragte Person für Luftaufsicht (BfL) besetzt ist und

  4. die Beauftragte Person für Luftaufsicht (BfL) am Flughafen Bremen eine individuelle Anzeige durch die Fluggesellschaft für den jeweiligen Flug erhält und die Verspätung im Sky-System dokumentiert.

III. Begründung

    Sachverhalt

    Die Bundeswehr wird vom 12. bis 23. Juni 2023 die größte Verlegeübung von Luftstreitkräften seit Bestehen der NATO ausrichten. Bei Air Defender 2023 werden ca. 200 Luftfahrzeuge involviert sein – unter anderem Kampf-, Transport- und Betankungsflugzeuge. Diese werden eine internationale Luftverteidigungsübung mit Schwerpunkt im Luftraum Deutschlands sowie weiterer NATO-Alliierter durchführen. Geübt wird neben der schnellen Verlegung von ca. 100 Luftfahrzeugen aus den USA nach Deutschland der gemeinsame Einsatz mit den europäischen Verbündeten zur Verteidigung des NATO-Luftraumes.

    Im Rahmen dieser Übung sollen mehrere Gebiete mit Flugbeschränkungen zum Schutz der zivilen Luftfahrt vor dem Übungsverkehr eingerichtet werden. In den Gebieten mit Flugbeschränkungen sind Flüge von nicht an der Übung beteiligten Luftfahrzeugen nur nach Genehmigung durch die zuständige Flugverkehrskontrollstelle möglich. Durchflugfreigaben werden nur erteilt, wenn sich kein militärischer Verkehr in den Übungsgebieten befindet. Flüge nach Instrumentenflugregeln werden von den zuständigen Flugverkehrskontrollstellen zu diesen Gebieten gestaffelt. Auch außerhalb und unterhalb dieser Gebiete ist im gesamten Übungszeitraum mit erhöhtem militärischem Flugaufkommen zu rechnen, insbesondere im Umfeld von militärischen Flugplätzen. Eine Veröffentlichung der Gebiete findet als AIP SUP[1] IFR und VFR  sowie als NfL I[2] statt.

    Air Defender 2023 wird erhebliche Auswirkungen auf die zivile Luftfahrt haben und zu verspäteten Flügen führen. Simulationen der Deutschen Flugsicherung GmbH zeigen, dass es aufgrund der Übung insbesondere zu Verspätungen bis 24:00 Uhr auch für den Flughafen Bremen kommen kann.

    Zu Ziffer I.1.

    Gemäß § 25 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 und 3 LuftVG[3] dürfen Luftfahrzeuge auf Flugplätzen außerhalb der Betriebsstunden des Flugplatzes oder innerhalb von Betriebsbeschränkungszeiten für den Flugplatz nur starten und landen, wenn der Flugplatzunternehmer zugestimmt und die Genehmigungsbehörde eine Erlaubnis erteilt hat. Die Erlaubnis kann allgemein oder im Einzelfall erteilt, mit Auflagen verbunden und befristet werden.

    Die Betriebszeiten am Flughafen Bremen betragen gemäß Ziffer E.1 der Genehmigung täglich 24 Stunden mit Ausnahme von Samstag 23:30 Uhr bis Sonntag 6:00 Uhr Ortszeit und von Sonntag 23:30 Uhr bis Montag 6:00 Uhr Ortszeit. Die Allgemeinverfügung nach § 25 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 ergeht aufgrund dieser Regelung nur für den 17., 18. und 24. Juni 2023 in der Zeit von 23:30 Uhr bis 24:00 Uhr Ortszeit.

    Die zeitlichen Flugbeschränkungen am Flughafen Bremen liegen für Luftfahrzeuge, die mindestens ICAO-Anhang 16 Kapitel 3 erfüllen, gemäß Ziffer E.2.1, E2.1.2 und E.2.1.5 täglich in der Zeit von 22:30 Uhr bis 06:00 Uhr Ortszeit. Die Allgemeinverfügung nach § 25 Absatz 1 Satz 3 Nummer 3 ergeht aufgrund dieser Regelung für den 12. bis einschließlich 24. Juni 2023 in der Zeit von 22:30 Uhr bis 24:00 Uhr Ortszeit. Aus Lärmschutzgründen ergeht die Verfügung jedoch nur für Luftfahrzeuge, die mindestens den höheren Standard nach ICAO-Anhang 16 Kapitel 4 erfüllen.

    Die Zustimmung des Flugplatzunternehmers liegt vor.

    Die Allgemeinverfügung kann aufgrund der vorliegenden Zustimmung gemäß § 25 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 und 3 LuftVG erteilt werden. Weiterhin kann die Allgemeinverfügung erteilt werden, da die Genehmigung des Flughafens Bremen in Ziffer E.2.2 in begründeten Fällen, insbesondere zur Vermeidung erheblicher Störungen im Luftverkehr oder in Fällen besonderen öffentlichen Interesses, die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen regelt. Die Übungen und Flugbeschränkungen im Rahmen von Air Defender 2023 werden nachweislich zu erheblichen Störungen im Luftverkehr führen. Es wird zu verspäteten Flügen und somit auch zu versäumten Anschlussflügen der Passagiere kommen. Ohne diese Ausnahmegenehmigung werden Passagiere nicht an ihren jeweiligen Zielflughäfen ankommen und Luftfahrzeuge werden am nächsten Tag nicht am eigentlich geplanten Ort zur Verfügung stehen. Dadurch werden sich die Verspätungen über den Zeitraum der Übung aufsummieren und kumulieren. Da der gesamte deutsche Luftverkehr in einem erheblichen Maße betroffen ist, kann auch von einem öffentlichen Interesse ausgegangen werden.

    In Abwägung aller Umstände, insbesondere auch dem Ruhe- und Schutzbedürfnis der Anwohner:innen im An- und Abflugbereich des Flughafens Bremen sowie in der unmittelbaren Umgebung vom Flughafen, kann die Erlaubnis im genannten Umfang auch allgemein erfolgen. Die Simulation der Deutschen Flugsicherung GmbH zeigte, dass ein Großteil der Verspätungen bis 24:00 Uhr Ortszeit zu erwarten sei. Dem soll mit dieser Allgemeinverfügung begegnet werden. Die Ausnahmegenehmigung wird einen Großteil der Auswirkungen der Übung Air Defender 2023 auffangen oder abmildern und zur Stabilität des Luftverkehrssystems beitragen. Zudem benötigen die Fluggesellschaften ein gewisses Maß an Planungssicherheit, welche sie bei Einzelfallentscheidungen nicht haben. Im Rahmen der Interessenabwägung zwischen den betroffenen Anwohner:innen und den zuvor genannten Auswirkungen der Übung ist eine solche Allgemeinverfügung für einen befristeten Zeitraum im verfügten Umfang verhältnismäßig und zumutbar. Ähnliche oder gleichlautende Genehmigungen sind seit Bestehen der Flughafengenehmigung nicht bekannt. Die Allgemeinverfügung ist eine geeignete und erforderliche Reaktion, um die erheblichen Störungen der geplanten Übung im Luftverkehr abzumildern.

    Die ergangenen Nebenbestimmungen sollen die Lärmauswirkungen möglichst gering halten und bewirken, dass nur Luftfahrzeuge, die entsprechende Lärmstandards erfüllen - mindestens ICAO-Anhang 16 Kapitel 4 - starten und landen dürfen. Weiterhin werden alle Flüge aus Gründen der Transparenz durch die Beauftragte Person für Luftaufsicht statistisch erfasst. Zudem sollen die ergangenen Nebenbestimmungen die Sicherheit und Leichtigkeit des Luftverkehrs gewährleisten.

    Zu Ziffer I.2.

    Die sofortige Vollziehung wird auf Grundlage des § 80 Absatz 2 Nummer 4 VwGO[4] angeordnet. Demnach entfällt die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage. Es besteht ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung, welches nachfolgend begründet wird.

    Erste belastbare Informationen zu der anstehenden Übung Air Defender 2023 erreichte die Luftfahrtbehörde Bremen mit E-Mail vom 21. Februar 2023 durch das Zentrum Luftoperationen NatFü III b COMIL. Nach Erstinformationen wurde bekannt, dass die Übung erhebliche Auswirkungen auf den Luftverkehr haben würde. Konkrete Auswirkungen für einzelne Flughäfen waren nicht benannt worden. Am 02. Mai 2023 fand eine  Videokonferenz unter Leitung des BMDV[5], Abteilung Luftfahrt, statt. Hier wurden die Auswirkungen der Übung erstmalig konkret benannt und mögliche Abhilfemaßnahmen aller Beteiligten erörtert. Die DFS[6] berichtete über die durchgeführte Simulation der Flugbewegungen durch Eurocontrol, welche auch wahrscheinliche Verspätungen der geplanten Flüge aufzeigte. Die Auswirkungen betreffen der DFS zufolge 28 Flughäfen stark oder sehr stark, an einigen norddeutschen Flughäfen wird der Flugbetrieb zeitweise komplett ausgesetzt. Am Flughafen Bremen werden voraussichtlich täglich 52 Flüge betroffen sein.

    Erst mit Vorliegen dieser konkreten Information über die Auswirkungen, insbesondere den Standort Flughafen Bremen betreffend, sah ich mich in der Lage, eine Entscheidung über die Art und Weise und den Umfang einer Ausnahmeerlaubnis zu treffen, vor allem aber auch die Verhältnismäßigkeit zu beurteilen. Zudem begründen die Auswirkungen der Übung nach den zuletzt vorliegenden Informationen auch das öffentliche Interesse, kurzfristig Abhilfemaßnahmen zu erlassen.

    Das besondere Interesse an dem sofortigen Vollzug und damit dem Entfall der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage liegt darin, dass der Vollzug und damit die Wirkung der Maßnahme zeitlich an die in wenigen Wochen stattfindende Übung gebunden ist und weder die Bestandskraft des Verwaltungsakts, noch ein etwaiges Klageverfahren abgewartet werden können, da die Maßnahme dann bereits wirkungslos wäre. Würde der Verwaltungsakt durch eine Anfechtungsklage nicht bestandskräftig werden, kann den Auswirkungen der Übung nicht im erforderlichen Maße begegnet werden.

    Die Anordnung des Sofortvollzugs ist mithin verhältnismäßig. Einzelfallentscheidungen durch die bestehende Rufbereitschaft der Luftfahrtbehörde Bremen sind auf den Regelbetrieb am Flughafen Bremen ausgelegt. Auswirkungen des prognostizierten Umfangs müssen jedoch ausnahmsweise allgemein und unter Vermeidung unangemessen hohen Verwaltungsaufwandes begegnet werden. Weiterhin würden Einzelfallentscheidungen in diesem Maße auch zu weiteren zeitlichen Verzögerungen führen. Aus diesen Gründen wird das besondere Interesse an dem sofortigen Vollzug gesehen.

    IV. Ihr Recht

    Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Bremen, Am Wall 198, 28195 Bremen, erhoben werden.

    V. Hinweise

    Die Entgeltordnung des Flughafens Bremen sowie die Gebührenerhebung für behördliche Ausnahmeerlaubnisse der Luftfahrtbehörde Bremen bleiben von dieser Allgemeinverfügung unberührt. Für Flüge innerhalb der Flugbeschränkungszeiten und bzw. oder außerhalb der Betriebszeiten des Flughafens Bremen werden weiterhin die entsprechenden Entgelte und Gebühren erhoben.

    Über diese Allgemeinverfügung hinausgehende Bedarfe für verspätete Starts und Landungen werden über die Rufbereitschaft geregelt und im Einzelfall beschieden.

    Weitere Informationen zu Ansprechpersonen und Dienstleistungen erhalten Sie auch im Internet unter www.wissenschaft-haefen.bremen.de/luftfahrt.

    [1] Ergänzungen zum Luftfahrthandbuch Deutschland

    [2] Nachrichten für Luftfahrer – Teil I

    [3] Luftverkehrsgesetz

    [4] Verwaltungsgerichtsordnung

    [5] Bundesministerium für Digitales und Verkehr

    [6] Deutsche Flugsicherung GmbH

    Bremen, den 30.05.2023

    Anlagen