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Allgemeinverfügung bezüglich des nächtlichen Betriebsverbotes von Mährobotern

Verkündungsdatum: 17.10.2025

Weser-Kurier am 17. Oktober 2025

Verfügender Teil

Aufgrund von § 41 Absatz 1 Bremisches Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (BremNatG)[1] in Verbindung mit § 44 Absatz 1 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes[2] erlässt die Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft als Naturschutzbehörde – folgende Allgemeinverfügung:

Betriebszeitenregelung für Mähroboter

Zum Schutz von Igeln und anderen kleinen Wildtieren ist der Betrieb von Mährobotern im gesamten Gebiet der Stadtgemeinde Bremen nur zulässig in der Zeit von 30 Minuten nach Sonnenaufgang bis 30 Minuten vor Sonnenuntergang.

Eine Zuwiderhandlung stellt eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 38 Absatz 1 Nr. 2 BremNatG dar.

Mähroboter (auch: Rasenmäh- oder Rasenroboter) im Sinne dieser Allgemeinverfügung sind alle autonomen bzw. selbsttätigen Serviceroboter, die eine zugewiesene Rasen- oder sonstige Grünfläche selbstständig mähen.

Sonnenuntergang ist der Moment, an dem der Oberrand der Sonnenscheibe die Horizontlinie unterschreitet.

Sonnenaufgang ist der Moment, den dem der Oberrand der Sonnenscheibe die Horizontlinie überschreitet.

Anordnung der sofortigen Vollziehung

Hinsichtlich der Betriebszeitenregelung nach Ziffer 1.1 wird die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsord­nung (VwGO)[3] aus überwiegenden Gründen des öffentlichen Interesses angeordnet.

Ausnahmen und Befreiung

Von der Betriebszeitenregelung nach Nummer 1.1 dieser Allgemeinverfügung kann bei der Unteren Naturschutzbehörde eine Ausnahme beantragt werden. Die Ausnahmegenehmigung ist zu erteilen, wenn nachgewiesen wird, dass im konkreten Einzelfall keine Verletzungsgefahr für Igel oder andere kleine Wildtiere durch den Einsatz eines Mähroboters außerhalb der nach dieser Allgemeinverfügung erlaubten Betriebszeiten entsteht.

Eine Befreiung von der Betriebszeitenregelung der Nummer 1.1 dieser Allgemeinverfügung kann zudem nach Maßgabe des § 67 Absätze 1, 3 BNatSchG durch die untere Naturschutzbehörde auf Antrag erteilt werden, wenn

  1. dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder
  2. die Betriebszeitenregelung dieser Allgemeinverfügung im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und eine Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.

Bekanntmachung und Inkrafttreten

Diese Allgemeinverfügung gilt ab dem auf die öffentliche Bekanntmachung unter der Internet-Adresse www.amtliche-bekanntmachungen.bremen.de folgenden Tag als bekanntgegeben und tritt mit diesem Tag in Kraft. Die Allgemeinverfügung und ihre Begründung können auf der Internetseite der Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft oder nach vorherige telefonischer Anmeldung bei der unteren Naturschutzbehörde (Herr Tornow, 361-59832), eingesehen werden.

Hinweise 

Gemäß § 38 Absatz 1 Nr. 2 BremNatG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer aufgrund des BremNatG erlassenen vollziehbaren schriftlichen Anordnung zuwiderhandelt.

Gemäß § 69 Absatz 2 Nr. 1 a) und b) BNatSchG handelt ordnungswidrig, wer entgegen § 44 Absatz 1 Nr. 1 BNatSchG ein wild lebendes besonders geschütztes Tier verletzt oder tötet.

 

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Bremen, Am Wall 198, 28195 Bremen erhoben werden.

Bremen, den 15. Oktober 2025

Die Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft

Naturschutzbehörde

 
Begründender Teil

 Begründung

Begründung der Betriebszeitenregelung

Die vorliegende Allgemeinverfügung ergeht auf der gesetzlichen Grundlage der §§ 41 Absatz 1 Bremisches Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (BremNatG) in Verbindung mit § 44 Absatz 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG).

Gemäß § 41 Absatz 1 BremNatG überwachen die unteren Naturschutzbehörden die Einhaltung der Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen.

Der Westigel (Erinaceus europaeus) sowie alle heimischen Amphibien sind gemäß § 7 Absatz 2 Nr. 13 b) bzw. c) BNatSchG in Verbindung mit Anlage 1 der Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt. Als besonders geschützte Arten gelten für sie die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote des § 44 Absatz 1 BNatSchG. Gemäß § 44 Absatz 1 BNatSchG ist es verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.

Durch die zunehmende Nutzung von Mährobotern kommt es zu einer Gefährdung des Bestandes des Igels sowie der heimischen Amphibien, da diese Geräte in der Lage sind, schwere Schnittverletzungen an den Tieren zu verursachen. Ist ein Igel betroffen, verlaufen die Verletzungen in der Mehrheit sogar tödlich; aber auch im Falle eines Überlebens leiden die Tiere ihr Leben lang an Schmerzen.

Mähroboter arbeiten autonom und nahezu geräuschlos, weshalb sie oft auch in den Nachtstunden betrieben werden. Für Igel stellt dies ein hohes Risiko dar, da sich die nachtaktiven Tiere in dieser Zeit auf Nahrungssuche befinden. Igel sind keine Fluchttiere. Im Gefahrenfall kugeln sie sich ein und warten die Situation ab. Bei einem Kontakt mit einem Mähroboter kommt es dann oft zu einem Überfahren des Tieres; der Igel wird durch die rotierenden Messer schwer verletzt oder getötet.

Diese Allgemeinverfügung soll durch das ausgesprochene Verbot des Betriebs von Mährobotern in den Nachtstunden die Verletzungen von Igeln und Amphibien quantitativ verringern.

Während die Nutzerinnen und Nutzer solcher Mähroboter durch das zeitlich begrenzte Verbot wenn überhaupt nur in einem äußerst geringen Ausmaß in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit beeinträchtigt werden, profitiert der örtliche Naturhaushalt durch die Bestandssicherung der betroffenen Arten erheblich von diesem Verbot.

Da Igel vor allem in der Dämmerung und in der Nacht aktiv sind, gilt die Einschränkung der Nutzung von Mährobotern lediglich von einer halben Stunde vor Sonnenuntergang bis eine halbe Stunde nach Sonnenaufgang des folgenden Tages. Die Untersagung allein der nächtlichen Nutzung schränkt den Einsatz von Mährobotern nur in einem vertretbaren Maß ein. Sie stellt eine zumutbare Maßnahme dar, die dem Schutz der naturschutzrechtlich unter den besonderen Schutz des § 44 BNatSchG gestellten Igel (und anderer kleiner Wildtiere) dient und unter Berücksichtigung sämtlicher rechtlich geschützter Interessen insgesamt verhältnismäßig ist.

Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung erfolgt im öffentlichen Interesse nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (nachfolgend: VwGO genannt).

Grundsätzlich hätte eine Anfechtungsklage gegen diese Allgemeinverfügung aufschiebende Wirkung. Praktisch bedeutet dies, dass die Ge- und Verbote der Allgemeinverfügung bis zum Abschluss eines gerichtlichen Verfahrens nicht beachtet werden müssten, der Betrieb von Mährobotern während der Nacht sowie der Dämmerung also für jedermann im Geltungsbereich der Allgemeinverfügung fortgesetzt werden könnte. Hierdurch würde weiterhin ein erhebliches Verletzungs- bzw. Tötungsrisiko durch den Einsatz von Mährobotern zulasten von Igeln und anderen kleinen Wirbeltieren bestehen.

Angesichts des dramatischen Rückganges der Bestandzahlen beim Igel wäre dies nicht hinzunehmen.

Das Entfallen der aufschiebenden Wirkung wird durch ein überwiegendes öffentliches Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung der Allgemeinverfügung gerechtfertigt, welches gegenüber dem Interesse Einzelner an einer ungehinderten, weiteren Nutzung von Mährobotern auch während der Dämmerung und in der Nacht nach Abwägung sämtlicher rechtlicher und sachlicher Gesichtspunkte überwiegt. Hierbei wurde insbesondere das Interesse der Betreiberinnen und Betreiber von Mährobotern an einer uneingeschränkten Nutzung sowie das Interesse an einer effektiven Verhinderung der Verwirklichung des zum Teil sogar strafbewehrten Verbotstatbestandes aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG durch den Einsatz von Mährobotern berücksichtigt. Der Betrieb von Mährobotern während der Dämmerungs- und Nachtzeiten begründet eine erhebliche Gefahr in Form eines gesteigerten Verletzungs- und Tötungsrisiko für Igel und andere kleine Wirbeltiere.

Zu berücksichtigen war weiterhin, dass Mähroboter außerhalb der Verbotszeit weiterhin – ohne dass diese Allgemeinverfügung den Einsatz insoweit beschränken würde – eingesetzt werden können. Es sind keine überwiegenden Gründe ersichtlich, die eine fortgesetzte Duldung des Betriebs von Mährobotern in der Dämmerungs- und Nachtzeit und des damit einhergehenden vermeidbaren Verletzungs- und Tötungsrisikos für Igel und andere kleine Wirbeltiere rechtfertigen würden, bis etwa eine (häufig mehrere Jahre Zeit in Anspruch nehmende) gerichtliche Klärung erfolgt ist. Das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung der Anordnung überwiegt damit das eventuelle Interesse an einer aufschiebenden Wirkung der hiervon Betroffenen.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe beim Verwaltungsgericht Bremen, Am Wall 198, 28195 Bremen Klage eingelegt werden.



[1] Bremisches Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (BremNatG) vom 27. April 2010 (Brem.GBl. 2010, S. 315), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 1. März 2022 (Brem.GBl. S. 149)

[2] Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), das zuletzt durch Artikel 48 des Gesetzes vom 23. Oktober 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 323) geändert worden ist

[3] Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 24. Oktober 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 328) geändert worden ist.

Bremen